Von Visionen und meinem Lachanfall

Kürzlich musste ich wirklich herzhaft lachen, obwohl das in Anwesenheit von ein paar Führungskräften und meinem Chef völlig unangebracht war. Doch alles der Reihe nach. Öfter als man denkt, versuchen Unternehmen ihre Visionen zu definieren. Entweder zum ersten Mal im Rahmen einer Unternehmensgründung oder dann, wenn das Geschäft nicht mehr so rund läuft. Das Vorhaben ist meist Chef-Sache und streng geheim. Wenn dann alles im Rahmen von Workshops des Top Kaders in meist wenigen Sätzen festgehalten ist, dürfen dann andere die strategischen und taktischen Ableitungen auf Basis der wenigen Zeilen übernehmen, also die Knochenarbeit leisten. Dass ein solcher Prozess wahrscheinlich nicht so gut funktioniert, dürfte nachvollziehbar sein. Oft kennen die Mitarbeitenden dann die neue Vision gar nicht und bei den Ableitungen von der Planung herunter bis zum Tagesgeschäft ergeben sich nicht selten unerwartete Schwierigkeiten. Erkennt das Management das Problem nach einer gewissen Zeit, so gibt es oft nur eine Lösung. Eine neue Vision muss her und alles beginnt von vorne.

Um eine eben solch neu erarbeitete Vision ging es, wie ich einleitend erwähnte. Ein Kunde wollte von uns eine günstige Patentlösung, damit diese zeitaufwändige und lästige Umsetzung von der Vision bis zum Mitarbeitenden an der Kundenschnittstelle garantiert und günstig ist. Es folgte ein längerer Monolog über diese einzigartigen sowie erfolgsversprechenden paar Textzeilen und dabei wurde das Wort „Vision“ gefühlt unendliche Male ausgesprochen. Als die Manager dann mit voller Überzeugung berichteten, dass sie diese Vision in ihren Köpfen lebten und sogar ganz plastisch vor sich sahen, geschah es. In Sekundenbruchteilen schoss ein Geistesblitz durch meinen Kopf. Manager mit solchen Visionen sollten eher zum Psychologen und sich helfen lassen, dachte ich mir. Ich verließ lachend den Raum und brauchte ein paar Minuten für mich.

Und was ist nun mein Fazit, mag man sich zu Recht fragen. Erstens, eine Vorstellung von der Zukunft zu haben ist sicher nicht verkehrt. Doch ein paar Zeilen mit wohlklingenden Schlagworten reichen da bei weitem nicht aus. Das Bild von der Zukunft muss messerscharf skizziert sein. Zweitens, eine erfolgreiche Umsetzung gelingt nur, wenn diese auf allen Ebenen erfolgt. Denn von den strategischen Zielen bis zum konkreten Tagesgeschäft ist es ein langer Weg. Diesen müssen die Kader mitgehen, um erfolgreich ans Ziel zu gelangen. Und nein, es gibt keine Abkürzungen oder Ausreden für das Management, auch wenn das kräftezehrend und mühsam ist. Sowohl für den Erfolg der Umsetzung aber auch für einen Misserfolg trägt allein das Kader die Verantwortung.

Und auch für mich persönlich hat sich etwas geändert. Mir huscht nun immer ein Lächeln über die Lippen, wenn Manager von ihren Visionen sprechen. Das ist nicht böse gemeint. Jedoch hat sich da in meinem Kopf dieser Geistesblitz festgesetzt, den ich nicht mehr so schnell loswerde. Trotzdem gilt auch hier: Aufgeben ist keine Alternative.

Erstellt am 30. Oktober 2024 von Sara - Zugriffe bisher: 133

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